March 28, 2018 0

Mehr Woodstock!

By in Gedanken, Projekte, Uncategorized

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Dieser Blog ist nur noch ein Archiv seiner selbst.

Ab sofort in diesem Theater: Mehr Schlamm, mehr Musik, mehr Konfetti, mehr nackte Knie, mehr Fahrrad, mehr Erschöpfung, mehr Zweifel, mehr Körnerbrot, mehr Gummiboot, mehr Handstand, mehr Liebe, mehr Reallife, mehr Tränen, mehr Worte, mehr Herzklopfen, mehr Nacht, mehr Tag, mehr Zukunft, mehr Kampf, mehr Talent, mehr Vertrauen, mehr Meer, noch mehr Fahrrad, mehr Zwitschern, mehr Camping, mehr Wasser im Ohr, mehr Einhörner, mehr Spinnerei, mehr Rotz, mehr Roll, mehr Frischluft, mehr Sein.

March 9, 2016 0

Russen in Berlin

By in Gedanken, Projekte

Nein, weder bekommt die 5. Kolonne Putins in Marzahn hier ein Forum, noch die bezahlten Internet-Propagandatrolle, es gibt auch welche, die machen Kultur.

Ich bin zu spät, aber wie immer schreibe ich mir etwas vom Herzen und von der Seele. Zum Beispiel das: Habe mir auf der 2016er Berlinale die Premiere des Erstlings von Daniil Zinchenko “Elixir” angesehen. Im letzten Jahr gab es übrigens das Kinodebut seiner Mutter, Ljudmila Zinchenko: “Vyshyvalshitsa / Embroideress“, was ich als ganz hingebungsvoll produziertes Stück Kino empfunden habe. Und nun der Sohn, der ebenfalls über Umwege zum Kino gekommen ist. Bei beiden Künstlern scheint der Weg zum Film lang, aber folgerichtig, auch eine gewisse “Familienähnlichkeit” in der Motivik und Dramaturgie ist nicht von der Hand zu weisen ;)

Ich empfand Zinchenkos Märchen nicht als “sperrig”, wie oft kritisiert. Man muss sich allerdings auf die Mystik und Poesie einlassen können, das stimmt. Aber es ist glasklar dramatisiert und in der russischen Kultur fest verankert, beinahe schon ein Potpourri. Ich hatte an gewissen Stellen eher das Gefühl, es mit einer Art “Gesamtplagiat” zu tun zu haben (was dem Kinogenuss aber keineswegs Abbruch getan hat!), malerisch, cineastisch, poetisch, mythologisch, es fänden sich so viele Anknüpfungspunkte… Zinchenko selbst nennt natürlich Andrej Platonov und Pavel Pepperštejn.

Aber ich wollte von etwas ganz anderem erzählen, viel persönlicher.

Zwölfte Klasse, Theater-AG, Darstellendes Spiel oder so.
Ich war eine Theaterenthusiastin. Und vollkommen genervt von dem, was seit Jahren unter dem Stichwort “Theater” bei uns in der Schule ablief. Und so schrieben meine Freundin Freddi & ich ein Stück, sammelten eine Truppe und brachten das Ganze auf die Bühne. Wir durften im neu bezogenen Schulgebäude in der Aula proben, die noch nicht saniert war. (Sowas wäre heute nicht mehr möglich…) Ein dreckiges Stück Dachboden mit Löchern in den Bühnendielen und blätternder Farbe an den Wänden. Null Ausstattung. Riesige, zugige Fenster. Bauschutt. Kaputte Fotos im Dreck. Wie im Film. Ein Paradies für achtzehnjährige Theateranarchisten. Das Stück war ein komplettes Plagiat, eine Zitatensammlung aus der ganz großen Literatur und die Figuren waren gestanzte Vorlagen aus der Welt der Fabeln, Mythen und Religionen und der Weltgeschichte. Um unsere Lieblingstexte und die Figurenhüllen, in die wir unsere Theaterfreunde steckten, bastelten wir eine grobe Narration. Wir nannten das Machwerk nach Ringelnatz “Das Fest des Wüstlings“, und genau das sollte es auch werden: ein wüstes Fest. Eine Abrechnung mit allem, was man uns als “richtiges Theater” verkaufen wollte. Eine Mutprobe. Würde sowas in der Schule zur Aufführung kommen? Und vor allem eine Machtprobe. Was würden die Leute, unsere Schauspieler, unsere Freunde, denen wir die jeweils entlarvendst mögliche Rolle zugedacht hatten, mitmachen? Sich gefallen lassen von zwei selbsternannten Amateurregisseurinnen? Alles ging glatt. Niemand hat uns Steine in den Weg gelegt, das machte uns irgendwann misstrauisch. Und nahm dem Projekt den Kitzel und den Schwung. Wir probten weiter. Alles klappte. Die Premiere ging über die Bühne und wurde beklatscht. Wir waren fassungslos. Niemand fragte nach, kritisierte, beschwerte sich über diese Zumutung. Es war wirklich eine Provokation. Noch dazu schlecht gemacht. Und niemand hat uns das jemals ins Gesicht gesagt. Im Nachhinein war es, als hätte das Ganze nie stattgefunden. Niemand sprach über diese Inszenierung, niemand mit uns über die Motivation. Die Rebellion ging ins Leere und wurde aus der Chronik gestrichen. Es war ja nur Schülertheater. Gummizelle. (Über die Stimmung in der Schule der Nachwendezeit habe ich mich schon einmal hier im Blog ausgelassen: HIER)

Warum kommt diese Erinnerung an das alles hoch? Weil Zinchenkos Film mir von einer ganz ähnlichen Geste zu sein scheint. Weil er uns hier einen esoterischen Stempelkasten als Film präsentiert, weil er in Interviews auf Mythen und die russische Kulturgeschichte und ein paar große zeitgenössische Namen verweist, und alle nicken und finden es stimmig und wissen Bescheid. Weil niemand nachfragt und die große Verzweiflung beim Namen nennt. Weil alle froh sind, dass es in Russland überhaupt noch möglich ist, unabhängige Filme zu machen. Weil der Film Erfolg haben wird, ohne dass ihn jemand versteht. Nicht, weil er so tiefgründig und psychologisch ausgefeilt wäre. Sondern weil niemand nach seiner Entstehungssituation fragt. Mal sehen, ich bin schlecht in solchen Prognosen, aber mir scheint, es bahnt sich hier ein Missverständnis an. Vielleicht werde ich Zinchenko mal dazu befragen, das ist eine gute Idee, dann gibt es hier ein Update.

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January 25, 2016 2

Unfinished Dissertation

By in Gedanken, Projekte, Uncategorized

“Boris Michailow klebte diese Bilder dann in beliebiger Reihenfolge auf billiges Schreibmaschinenpapier, auf dessen Vorderseite jemand eine Dissertation angefangen hatte.”*

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Unvollendete Dissertation

“In der Beschreibung seines Werkes der achtziger Jahre hob Michailow seine Nähe zu Foucaults Begriff des ‘Archivs’ hervor [...].”*

Ach, der auch? Michailows Arbeiten kreisen um den Wesenskern der Fotografie, ihn immer und immer wieder verfehlend. Sie sind nicht einmalig, nicht individuell, nicht ästhetisch, nicht dokumentarisch. Und dennoch formieren sie sich zu Alben, zu Zeitmomenten, triggern Erinnerungen an und reihen sich in philosophische Kontexte ein. Wie machen die das? Es muss mit der Negation des Absichtsvollen zu tun haben. Das Foucaultsche Archiv ist ebenfalls seitenlang und fast ausschließlich negativ definiert. “Das Archiv ist nicht…” “Mit diesem Ausdruck meine ich nicht…” “Es ist nicht beschreibbar…”, “…die Diskurse haben gerade aufgehört, die unsrigen zu sein…” So Foucault in der “Archäologie des Wissens”. So seine Archivapophatik. Und so schön anschlussfähig und produktiv für das, was ich aus dem Archiv machen wollte, ein lebendiges, wirkungsmächtiges Ding, nicht nur Grab und Geist, sondern Quelle und Performance. Verrückt. Dafür kann ich mich begeistern. Und gleichzeitig lähmt mich das Empfinden, aus dem so herrlich Ungreifbaren eine nachvollziehbare Formel machen zu müssen. Mir fehlt ein ganzes Stück wissenschaftlicher Esprit, mit Schwung und Plan das Unsagbare auszusprechen, stehen- und wirken zu lassen. Mein Doktorvater Georg Witte hat genau dieses mitreißende Talent. Wunderbar.

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Неоконченная диссертация // Das ist nicht mein Buch. Und nicht meine Handschrift.

Aber doch. Boris Michailow als ein typischer Vertreter des sowjetischen Selbstarchivierungsfetischs hatte mir eine Menge zu sagen. Der Fotograf, dessen Selbstportrait ohne das eigene Bild auskommt. Dessen Fotografie eigenartig bildlos bleibt, ein Dokument des Belanglosen. Dessen Authentizität immer haarscharf am Voyeurismus vorbeischrammt.
Immerhin habe ich sehr lange an einem wissenschaftlichen Text über die Ästhetiken und Praktiken der Selbstarchivierung einiger Moskauer Künstler der achtziger Jahre, die aus der Not eine Tugend und aus der Marginalisierung eine Methode gemacht hatten, gebrütet. Und er ist mir verloren gegangen, der Text. Ist mir entglitten, wie der rote Faden, der Anfang und Ende miteinander verbindet. Unter den Stapeln der Lebensprojekte auf dem Schreibtisch ist dieser Text immer wieder verbuddelt und wieder herausgekramt worden.
Ich habe mich (!) irgendwie wieder hervorgekramt und freue mich über die Frischluft. Nun ist es klar – es wird kein Buch mehr. Es bleibt bei einer unvollendeten Dissertation. Ich habe sie nicht in den Papiermüll entsorgt oder ins Feuer geschmissen. Es geht mir gar nicht um Abrechnung. Zwar wird die Unvollendetheit meines Textes dann kaum als ästhetisches Prinzip für die Arbeit eines Anderen dienen können. Ich werfe ihn nicht weg. Kein Michailow wird Bilder raufkleben. Er bleibt meins. Ich habe einige wichtige Jahre meines Lebens mit ihm verbracht.

Außerdem ist hier, in diesem Blog, von Anfang an alles ziemlich genau dokumentiert. Es sind viele Stationen und Gedanken nachvollziehbar, alle Publikationen gelistet und verlinkt. Das ist nicht nichts! Und ich werde weiter dokumentieren. Weiter beobachten, ausarbeiten, veröffentlichen. Reisen, Interviews, Bilder, Kritiken, Übersetzungen. Vielleicht wird aus dem Puzzle doch eines Tages noch ein Stück Bild. Aber erst einmal bin ich froh, keinen unlesbaren Ziegelstein mehr verfassen und verteidigen zu müssen für einen Titel, der mir nichts bedeutet und eine Perspektive, die eine Illusion ist.

“Jetzt aber, nachdem der Fluss unkontrollierbarer Ereignisse die Sphäre der “durchschnittlichen Alltäglichkeit des Daseins” überflutet hat, versinkt die ereignislose Vergangenheit als betäubte Erinnerung an das Sein in das Gedächtnis – Sein wurde durch die Regel der Widersprüche widerlegt.”*

Bleibt die Schwierigkeit, neidlos auf die zu blicken, die es dennoch geschafft haben. Die in der Flut der unkontrollierbaren Ereignisse ihr Ziel nicht aus den Augen verloren haben und deren Sein nicht durch die Regel der Widersprüche widerlegt wurde.
Tja.

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* Zitate aus: Tupitsyn, Margarita. Fotografie als Heilmittel gegen das Stottern. In: Michailow, Boris. Unvollendete Dissertation. Zürich (u.a.) 1998., S. 218-220.

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August 4, 2015 0

Fräulein Fertigs Gespür für Schnee

By in Gedanken, Projekte

oder: Man wird ja wohl noch träumen dürfen.

Ich plane meine Zukunft als selbstbestimmte Textarbeiterin mit ganz viel Frischluftausgleich und Zeitfenstern für impulsives Engagement!

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Liebe Freunde, Liebe (potentielle) Kunden,

hier kanalisiert sich gerade was. Bahnt sich etwas an. Ich bin auf der Suche! Nach dem Sinn des Lebens, klar, nach dem Schnee im Sommer, nach der perfekten Balance zwischen Job, Selbstverwirklichung, Familie und anderem sozialen Gedöns. Eigentlich suche ich nur ein Plätzchen im Grünen. Ich träume schon lange vom Schriftstellerleben unter Apfelbäumen. Von artgerechten Bibliotheken (das ist ungefähr dasselbe wie ein Abenteuerspielplatz, nicht nur für bewegliche Köpfe).
Ich bin auf einem Weg, dessen Ziel ich noch nicht kenne. Die Finanzierung meiner Dissertation ist am Ende, der Text aber noch nicht. Ich merke, dass es sich mit dieser Art “Grundeinkommen” sehr gut arbeiten lies. Wissenschaftlich und darüber hinaus. Und dass ich mir jetzt nicht mehr gönne, zu spinnen, zu schreiben, über den Tellerrand zu sehen. Ich spüre einen immensen wirtschaftlichen Druck und hätte doch so gern die Zeit, über meine Ziele im Leben, ach nein, nur über die nächsten fünf Jahre nachzudenken.

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Sie sind auf der Suche nach einer professionellen Übersetzerin, Texterin, Korrektorin oder Lektorin für Projekte und Publikationen im Bereich zeitgenössische Kunst, Kultur und Geisteswissenschaften? Sie sind auf der Suche nach begeisterungsfähigen und leistungsbereiten Wegbegleitern? Ich kann fast alles. Aber ich mag nicht alles machen. Ich arbeite auch gern ehrenamtlich. Aber eben nicht ausschließlich.

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Ich bin studierte Russistin und Bibliothekswissenschaftlerin, promoviere über die Archivkunst des Moskauer Konzeptualismus und schreibe, texte, redigiere, übersetze, lese, rege mich über mangelndes Gespür für Worte und deren Wirkungen auf oder lache herzhaft über unfreiwillige Stilblüten. Ich kann Energien mobilisieren und mich Hals über Kopf in Dinge hineinstürzen, wenn ich von Ideen überzeugt bin. Ich möchte mich auch mit mir selbst beschäftigen. Ich habe genug von hölzernen Standardformulierungen. Ich habe genug von Verstellungsgesprächen. Ich will mit dem, was ich kann, in die Welt hinaus. Brüte aber noch, bastle und plane. Und ich bin Mutter. Da nimmt die Betrachtung von Schnecken im Terrarium und die Organisation von Kitafesten ebenso viel Platz in meinem Leben ein. Die Unvereinbarkeit und Unvorhersehbarkeit von allem mit allem wird mich noch eine Weile in meinem Leben begleiten. Und das ist auch gut so. Ich will unter die MomPreneurs gehen, aber da fehlen mir noch die basalsten Basics der outcomeorientierten Selbstorganisation und des Selbstmarketings. Aber Schritt für Schritt.

Und will, muss (!) nebenbei Geld verdienen.

Ich biete:
- sensible Übersetzungen (Ru-Deu) wissenschaftlicher, künstlerischer (lyrischer und dramatischer) Texte,
- stilsicheres Textkorrektorat und Lektorat (ebenfalls für wissenschaftliche, künstlerische oder publizistische Texte),
- penible Vorbereitung der Druckvorstufe,
- Verfassen von wissenschaftlichen und publizistischen Texten für Zeitschriften, Kunstkataloge, Blogs.

Ich will:
- begeistern und begeistert werden
- Projekte spinnen und Netzwerke
- nachhaltig, ökologisch und feministisch denken und handeln
- Nein sagen und Ich bleiben dürfen

Wenn ich Ihnen weiterhelfen kann, zögern Sie nicht, rufen oder mailen Sie mich einfach an!
Sagen Sie es weiter, wenn Sie mit meiner Arbeit zufrieden waren!

Ich freue mich auf eine Zusammenarbeit mit Euch und Ihnen!

Herzliche Grüße,
Julia Fertig

March 2, 2015 2

Marinotschka rockt die Buchmesse

By in Lesungen, Publikationen, Russkij Berlin - Русский Берлин

 

Marina Lioubaskina "Marinotschka, du bist so zärtlich" (Cover) // www.konkursbuch.com

Marina Lioubaskina “Marinotschka, du bist so zärtlich” (Cover) // www.konkursbuch.com

2011 stellte Marina Ljubaskina ihr in Moskau erschienenes Buch “Marinočka, ty takaja nežnaja” in Berlin vor. Ich hatte es damals für Novinki rezensiert und die Rezension HIER auf meinem eigenen Blog gespiegelt (wow, so lange bin ich schon im Netz mit diesem Blog hier…). Nun ist das Buch in deutscher Übersetzung im Konkursbuch Verlag (Mein heimliches Auge!) erschienen. Übersetzt hat es meine liebe Freundin Anne Merbach von Schöner Schreiben, auf ihrer Seite ist auch eine Leseprobe zu finden. Anne ist dabei das Kunststück gelungen, einen ebenso sperrigen wie leichtfüßigen Text in authentisches Deutsch zu übertragen. Ich mag die Übersetzung (ich hatte das Buch noch nicht als solches in den Händen), obwohl ich natürlich das Original so gut kenne, dass es mir fast unmöglich ist, den russischen Text nicht parallel mitzudenken. Was ist eigentlich das literarische Pendant zum ‘Kopfkino’? Sowas jedenfalls.

Marina und Anne stellen das Buch natürlich in Leipzig vor, unter anderem am Samstag, 14.3.15, 18 Uhr im Atelier Laden64 Flieger, Georg-Schwarz-Str. 64: “Marina Lioubaskina liest aus ihrem Buch „Marinotschka, Du bist so zärtlich“
HIER der Link zur Veranstaltung auf der diesjährigen Buchmesse.
HIER Informationen zu weiteren Veranstaltungen von und mit Marina auf der Leipziger Buchmesse.
Ich bin sehr gespannt auf die Reaktionen des geneigten Publikums. Und ich bin gespannt, ob das Buch seine Leser und Käufer findet. Auf dem russischen Buchmarkt ist es in einem sehr profilierten, und dennoch aufgrund seines speziellen Programms nur marginal gelesenen Verlag “Zebra E” erschienen. Und weibliche erotische Prosa hat ohnehin Seltenheitswert in der so reichen russischen Literatur. In Deutschland wird dieses Buch nicht als Sensation oder Provokation einschlagen, es wird sich einschleichen, einschmeicheln, festsetzen. Es wird seinen Platz finden. Sanft und unerbittlich.

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February 17, 2015 0

Der Klenz ist da!

By in Publikationen

UPD: Und hier ist er! Mein Autorenexemplar des Katalogs – signiert und gestempelt vom Künstler höchstpersönlich.

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“Seit Ende 2010 zeichnet Alexander Klenz jeden Tag in ein 50 x 40 cm messendes „Formular“, das er selbst entwickelt hat.  Jedes Blatt verfügt über einen „genormten“ Rahmen mit Bildlegende. Auf diese Weise legt der Künstler ein Archiv seiner eigenen Gestaltungskraft an und dokumentiert seine künstlerische Entwicklung. Wie ein Index ist auch das Buch konzipiert: 1011 Zeichnungen werden gelistet; ausgewählte vollformatige Arbeiten gewähren tieferen Einblick in sein Schaffen.” (zitiert aus der Verlagsankündigung: HIER)

Alexander Klenz, AEIOU, Kerber Verlag

Alexander Klenz, AEIOU, Kerber Verlag

“So entsteht ein Tagebuch, ein Kalender, ein Bewegungsprofil. Der Betrachter wird in Versuchung geführt, wie der Historiker im Archiv eine Biographie des Künstlers anhand seiner (Archiv-)Kunst zu rekonstruieren. Die Blätter selbst geben vor, Spuren, Stationen oder Signaturen dieses Künstlerlebens zu sein. [...] Der stark konstruierende, ja fiktionalisierende Charakter dieses Archivierungsvorgangs ist offensichtlich. Alexander Klenz legt mit der archivischen Ästhetik seiner Serie eine Spur, die wie ein Dominoeffekt auf den Betrachter übergreift und die Archivierungsspirale in Gang setzt. Das Archiv, welches aus den Blättern der Serie „aeiou“ geradezu herausquillt, ist das Resultat des Zusammenspiels zwischen der archivischen Performanz der Blätter und deren (Re-)konstruktion durch den Betrachter.” (JF)

Vor einem Jahr hatte ich HIER schon einmal von dem Projekt berichtet. Nun ist das Buch da und ich freue mich wie irre. Bin sehr gespannt!

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February 13, 2015 0

Vyshyvalshitsa / Embroideress

By in Performances, Personen, Russkij Berlin - Русский Берлин

Die Moskauer Fotografin und Dozentin an der Rodchenko Schule für Fotografie und Multimedia Ljudmila Zinchenko zeigte im Rahmen des Berlinale-Programms Forum Expanded gestern ihre erste Auseinandersetzung mit dem Bewegtbild unter dem Pseudonym Lyusya Matveeva.

Ganz großes Kino. Im Gegensatz zum kleinen, fast ausschließlich mit der Handykamera gefilmten Format. Der Produzent Andrej Silvestrov von Cine Fantom vergleicht bei einem kurzen Q&A nach der Premiere das Filmemachen mit Handys mit der Graphomanie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Jeder hatte plötzlich ein Instrument in der Hand. Sei es ein Bleistift oder ein Handy. Aber nicht jeder versteht es, damit Kunst zu machen. Zinchenko versteht es. Sie zaubert ein kleines poetisch-cineastisches Meisterwerk auf die große Leinwand. (Alb-)Traum-Episoden, zusammengehalten vom auf den Computermonitor gestickten Roten Faden. Die Hände haben einige Schwierigkeiten damit, die Nadel durch den Bildschirm zu friemeln. Während der Bildschirm diese Behandlung seinerseits nicht verträgt und zuckend den Dienst versagt. Was bleibt, ist das Ornament.

Die Episoden – absurd, verstörend, surrealistisch. Persönlich. Mit fein portioniertem Humor. Und absoluter Genauigkeit in der Beobachtung. Ein radikal subjektiver Blick und gleichzeitig ein zivilisatorisches Psychogramm.

Für mich wirkte das Stück wie eine Literaturverfilmung. Die angenehme und authentische Stimme der Autorin liest uns aus dem Off ihre Träume und Gedanken vor, nicht zuviel Text, präzise literarisiert. Dazu der Bilderstrom. Fein ziterte kanonische Russlandklischees (Der Friedhof unter Birken. Der Blick durch das gardinenverhangene Fensterchen des Landhauses in die gleißende Sommersonne. Weite und Stromleitungen. Das dreckige Moskau. Das nächtliche Moskau. Menschenmassen in der Metro. Milizionäre, ach nein, Polizisten…) wechseln sich mit experimentellen Einstellungen ab. Fliegende Kameras, Doppelbilder, hastige Bewegungen, Unschärfen.

21 Minuten lang Kino zum Anfassen. Und genießen, wirklich. Gleichzeitig authentisch und professionell.

Link zum Berlinale-Programm: HIER
Link zur Kurzbesprechung von Antonio Geusa bei Cine Fantom: HIER

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November 26, 2014 0

Out now: Leibesvisitationen

By in Publikationen

Vor einem Jahr noch in Leipzig (HIER), jetzt schon in Hardcover:

 

Leibesvisitationen

Leibesvisitationen Cover

Ich freue mich riesig über diesen Band und meinen Artikel über Andrej Monastyrskijs Videoperformance “Разговор с лампой” (“Gespräch mit der Lampe”) darin. Ganz viel zu verdanken habe ich Sabine Hänsgen in diesem Zusammenhang! Die Zusammenarbeit mit den Herausgebern Thorsten Erdbrügger und Stephan Krause aus Leipzig war sehr angenehm und wunderbar effektiv. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Konferenzband in dieser Qualität so schnell produziert werden konnte!

Ich habe ein paar Sonderdrucke mit meinem Artikel abzugeben und freue mich über interessierte Nachfragen und Kommentare!

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November 4, 2014 0

All we needed was love. All we got was homework.

By in Gedanken

ACHTUNG, OFF TOPIC!
Persönliche Gedanken zur Wende und was diese mit uns Schülern der 90er Jahre gemacht hat, anlässlich des 25. Jahrestages des Mauerfalls.

Abi 1997, Marktplatz Schwerin

Abi 1997, Marktplatz Schwerin

Mit der Wende hielt das Chaos in den Schulen des Ostens Einzug. Und verließ sie so schnell nicht wieder. Über Nacht wurden Lehrpläne, Schulbücher, Lebensjahre und Berufserfahrungen obsolet, einfach weggeschmissen. Die Lehrer streckten die Waffen. Hauten ab in den Westen. Von dort kamen auch neue, die hier als Lehrer die offenen Stellen besetzen wollten oder sollten. Meistens junge, strenge, ambitionierte. Wir sahen sie wieder fliehen. Trotz Buschzulage. Vor den Zuständen. Vor uns? Ich sah Dutzende Schuldirektoren scheitern. Sie kapitulierten, zerrissen zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Zwischen Politik, Bürokratie und Wirklichkeit. Wir lernten, was Dienst nach Vorschrift sein kann. Alle saßen die Zeit ab. Die Schulpflicht war der einzige Grund, warum wir uns alle halbwegs regelmäßig immer wieder hier einfanden. Und trotzdem wurde die Schule immer leerer. Viele Familien gingen in den Westen, Mitschüler und Lehrer fehlten plötzlich. Die Stundenpläne wurden auch. Nicht einzelne Stunden, ganze Fächer fielen aus. Jahrelang. Ich hatte Englisch erst ab der 7., Bio ab der 8. Klasse. Wir hatten keine Schulbücher. Die alten kamen klassensatzweise in den Abfall, neue mussten erst ausgesucht und für nicht vorhandenes Geld gekauft werden. Es gab kein Mittag mehr. Cateringunternehmen gab es noch nicht und die schuleigene Küche entsprach plötzlich irgendwelchen Vorschriften nicht mehr. Marode Gebäude wurden leergezogen, wir hausten in Containern und gastierten über die Stadt verteilt in anderen Schulen.

Dann hat man das dreigliedrige System eingeführt. Die Klassen wurden durchgeschüttelt, wir wurden in „Gymnasium“ und „Rest“ eingeteilt und getrennt unterrichtet, schon als es diese Schulen noch gar nicht gab. Das Kurssystem in der Sekundarstufe II wurde eingeführt. Faktisch konnten wir in den paar „vorrätigen“, etablierten Fächern (also für die es gerade Lehrer gab) zwischen Grund- und Leistungskurs wählen. Die restlichen Stunden wurden mit Volleyball aufgefüllt. In Theorie und Praxis.

Man hat dann versucht, uns einen Chrashkurs in Demokratie und Staatsbürgerkunde, ach nein, das hieß dann, ähm, Sozialkunde, überzuhelfen. Wir lernten das Schema der repräsentativen und parlamentarischen Demokratie und der Gewaltenteilung auswendig, paukten die Gesetze von Angebot und Nachfrage. Wir durften Klassensprecher wählen und es gab eine Schulkonferenz, in der auch zwei Schülervertreter saßen. Hier übten sich aber eher die zukünftigen Staatssekretäre in Lobbyismus. Querdenker und Diskutierer hatten keinen Platz in der Versammlung. Niemand, aber wirklich NIEMAND sprach mit uns über das, was hier vorging! Nicht EIN Lehrer, der den Arsch in der Hose gehabt und zu uns Schülern gesagt hätte: „Ich weiß auch nicht, was hier vorgeht. Ich habe auch Ängste und Sorgen, sehe das Chaos und weiß noch nicht, wie ich damit umgehen soll. Aber lasst uns drüber sprechen und lasst uns überlegen, wie wir zusammen das beste draus machen.“ DAS wäre wirkliche, direkte Demokratie gewesen. DAS wäre das Zeichen gewesen, dass wir als Menschen ernst genommen werden. Dass hier gerade Geschichte geschrieben wird, und wir ein Teil davon sind. Dass noch alles offen ist. Und vielleicht noch offen bleiben sollte, bis wir eine Idee haben, wie wir Schule gemeinsam gestalten wollen. Erst später wurde mir klar, dass Schule überhaupt nicht als Ort verstanden wurde (und wird), der von den „Beteiligten“ mitzugestalten wäre. Schule hat politische Anforderungen zu erfüllen (die damals auch von Seiten der Politik noch nicht abschließend formuliert waren), und that’s it.

Es gab auch beliebte Lehrer. Mit denen sprachen wir über Musik und machten Partys.

Zwischendurch starb Curt Cobain und alles wurde noch schlimmer.

In meiner Abirede habe ich schon 1997 versucht, das alles in verwirrend poetischen Worten zusammenzufassen, was ich mit der Schulzeit verbinde. Von Dankbarkeit und Schönste-Zeit-des-Lebens-Rhetorik keine Spur. Die Rede wurde im Jahrbuch nicht abgedruckt. Es wurde nie wieder darüber geredet. Es ging und geht mir nicht um eine Abrechnung. Es geht mir mehr um eine Spurensuche, woher einige meiner Prägungen und Überzeugungen kommen. Warum es mir für meine Tochter so wichtig war, dass sie eine Freie Schule besuchen kann. Warum ich immernoch mit meinen eigenen Zukunftsplänen hadere.

Ich habe die Schule ohne Bedauern verlassen. Was ich mitgenommen habe, ist ein wenig kanonisches humanistisches Wissen, viel Trotz, und die Gewissheit, dass echte Mitbestimmung nie gewollt war. Das Erwachsene offenbar immer Recht haben. Dass Angstpädagogik zwar nicht mehr mit dem Stock, aber dafür mit der „Aus-dir-wird-nichts“-Keule praktiziert wird.

Bitte räumt jetzt nicht ein, das sei ein Extrembeispiel und eine besondere Zeit und eigentlich sei ja alles gar nicht so schlimm gewesen. Aber wann, wenn nicht in Zeiten von Krisen und politischen Umbrüchen ist Engagement gefragt? Wer, wenn nicht die Schüler, sollten in eine Kultur der Mitbestimmung und Gleichberechtigung hineinwachsen?

March 31, 2014 0

Das “Museum für Andere Kunst” in Moskau wird geschlossen

By in Ausstellungen
Die berühmte Sammlung Talochkin soll an die Tret’jakovskaja Galereja übergeben werden.
Museum für Andere Kunst, Moskau (Foto: Yulia Lebedeva)

Museum für Andere Kunst, Moskau (Foto: Yulia Lebedeva)

Das “Museum für Andere Kunst” an der Moskauer Staatlichen Humanistischen Universität (RGGU) wird geschlossen. Tat’jana Vendel’stejn, Witwe des Sammlers Leonid Talochkin, dessen Kollektion die Basis der musealen Ausstellung darstellt, wandte sich mit einem Brief an den Rektor der RGGU Efim Pivovarov. Darin setzt sie den Adressaten über Abbruch des Vertrags über die dauerhafte Aufbewahrung der Sammlung zwischen ihr als Erbin der Sammlung Talochkin und dem Museumszentrum der RGGU, in welchem die Sammlung seit dem Jahr 2000 ausgestellt war, in Kenntnis. In einem Telefongespräch wurde die Kustodin und Kuratorin des “Museums für Andere Kunst” Julija Lebedeva von Vendel’stejn über das Vertragsende mit der RGGU und die geplante Übergabe der Sammlung an die Tret’jakovka informiert. Lebedeva kommentierte die entstandene Situation folgendermaßen: “Ich weiß, dass die Einrichtung und Unterhaltung eines jeden Museums personelle und institutionelle Anstrengungen erfordert. Es gab in der Tat in der letzten Zeit die Erhaltung und Ausstellung der Sammlung Talochkin betreffend einige Momente, die weder mir, noch Tat’jana Borisovna [Vendel'stejn] gefallen haben. Aber dennoch meine ich, dass die allein mit den Erhaltungszustand der Sammlung begründete Übergabe der Sammlung an die Tret’jakovka eine Einrichtung zerstört, die der Sammler Talochkin selbst noch mitbegründet hat, den Kontext zerstört, in dem Talochkin selbst die Werke der von ihm gesammelten Künstler ausgestellt wissen wollte. Ich bin mir sehr sicher, dass wir 90% dessen, was hier öffentlich in der Ausstellung des “Museums für Andere Kunst” zugänglich ist, nicht wieder sehen werden, und ich denke, dass das einen großen Schaden für die zeitgenössische Kultur bedeutet».

Das der nichtoffiziellen russischen Kunst der 1950-70er Jahre gewidmete “Museum für Andere Kunst” wurde im Jahre 2000 im Museumszentrum der RGGU auf der Basis der Sammlung und unter aktiver Mitarbeit des Sammlers Leonid Talochkin (1936–2002) eröffnet. Die Kollektion besteht aus ca. 2000 Einheiten, von denen ca. 200 Arbeiten der russischen nonkonformistischen Künstler unmittelbar in den Ausstellungsräumen des Museumszentrums der RGGU zugänglich waren.”

Quelle: HIER
(Übersetzung: Julia Fertig, nach einer kurzen Infоrmation im ArtGuide vom 30.3.2014, siehe Link)

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